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Missbrauch und Abhängigkeit

Negative Folgen des Alkoholkonsums wurden schon in der Antike und im Mittelalter von Autoren wie Plato erwähnt. Allerdings galt der übermäßige Hang zum Trinken lange Zeit nur als Laster und moralische Verfehlung. Der schottische Marinearzt Thomas Trotter prägte in seiner Dissertation von 1870 über die „Trunkenheit und ihre Wirkung auf den menschlichen Körper“ die moderne Sicht, dass die Gier nach Trunkenheit eine Krankheit sei, die durch die chemische Natur des Alkohols hervorgerufen würde.

Von nun an waren Trunkenheit und Trunksucht ständiges Thema medizinischer Abhandlungen. Doch die Bedeutungen des Begriffs „Alkoholismus“ wurden von Medizinern teilweise sehr unterschiedlich definiert.

Erst 1968 wurde Alkoholismus durch ein Grundsatzurteil des Bundessozialgerichts als Krankheit anerkannt. In Folge dessen wurden anfallende Behandlungskosten von der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung getragen, was auch einen Ausbau der therapeutischen Infrastruktur nach sich zog. Unter „Alkoholismus“ fallen jedoch zwei Phänomene, die unterschiedliche Ausprägungen haben: Alkoholmissbrauch und Alkoholabhängigkeit.

Definition

Der Begriff Alkoholmissbrauch bezieht sich auf Alkoholfolgekrankheiten und / oder alkoholbedingte, psychosoziale und körperliche Schwierigkeiten. Er hat also zunächst nichts mit der Menge des konsumierten Alkohols zu tun.

Die Zahl der Alkoholmissbrauchenden in Deutschland wird auf 1,6 Millionen geschätzt.11 Insgesamt trinken rund 7,9 Millionen Menschen so viel Alkohol, dass sie ihre Gesundheit damit gefährden.12 Folgeschäden können soziale Probleme in der Familie, Partnerschaft, Gewaltbereitschaft im Alltag sowie Unfälle im Verkehr oder am Arbeitsplatz sein.

Zur Diagnose einer „Abhängigkeit“ (nach ICD-1113) müssen mindestens zwei der nachfolgenden drei Kriterienpaare über einen Zeitraum von mindestens 12 Monaten bestehen. Innerhalb der Paare genügt ein erfülltes Kriterium, damit das Paar als bejaht gilt. Die Diagnose kann auch gestellt werden, wenn die Substanz (Alkohol) mindestens einen Monat kontinuierlich (täglich oder fast täglich) konsumiert wird.14

  • 1 Beeinträchtigte Kontrolle über den Substanzkonsum – Bezogen auf Beginn, Menge und Umstände oder Ende des Konsums. Wird oft, aber nicht notwendigerweise von subjektiven Empfindungen von Drang oder Verlangen, die Substanz zu konsumieren, begleitet.
  • 2 Physiologische Merkmale (indikativ für substanzbezogene Neuroadaption) manifestiert sich als:
    (i) Toleranz, (ii) Entzugserscheinungen nach Konsumstopp oder -reduktion oder (iii) wiederholter Konsum der Substanz, um Entzugserscheinungen zu mindern oder zu verhindern
    Entzugserscheinungen müssen dem Entzugssyndrom der Substanz entsprechen und sind nicht auf anhaltende Substanzeffekte zurückzuführen.
  • 3 Substanzkonsum wird fortschreitend zur Priorität im Leben, d. B., dass die Substanz Vorrang über andere Interessen, Vergnügungen, alltägliche Aktivitäten, Verpflichtungen oder der Gesundheitspflege oder persönlichen Pflege erhält. Der Substanzkonsum nimmt zunehmend eine zentrale Rolle im Leben der Person ein und verschiebt andere Aspekte des Lebens in die Peripherie und wird oft trotz des Auftretens von Problemen fortgeführt

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11 https://www.bundesgesundheitsministerium.de/themen/praevention/gesundheitsgefahren/sucht-und-drogen.html

12 https://www.bundesgesundheitsministerium.de/service/begriffe-von-a-z/a/alkohol.html

13 International Classification of Diseases (ICD): https://icd.who.int/browse11/l-m/en

14 Heinz, Andreas et. al. (2022): ICD-11: Änderungen der diagnostischen Kriterien der Substanzabhängigkeit, in: Der Nervenarzt 93/2022 (https://link.springer.com/article/10.1007/s00115-021-01071-7/tables/2)

 

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